Bester erster Satz

Danke Andrea Fazioli für einen der besten ersten Sätze der letzten Jahre in ihrem (auf Deutsch gerade erschienenen) Buch “Wachtmeister Studers Ferien. Sein letzter Fall”. Der erste Satz in einer Geschichte ist in der Literatur stets wichtig, so sind auch einige Bücher heute vor allem für ihre Einleitung bekannt, wie etwa Herman Mellvilles Mobi Dick mit den berühmten Worten “Call me Ishmael”.

Fazioli verarbeitet im Buch von Friedrich Glauser unvollendete Text-Fragment zur letzten Studer-Geschichte aus. Glauser, der 1938 starb hat bereits 1920 an den Fragmenten gearbeitet und darin verschiedene Anfänge und Schauplätze vorgeschlagen. Die Geschichte, welche Fazioli hundert Jahre später, 2020 auf Italienisch vorlegte und nun auf Deutsch erschienen ist beginnt also folgendermassen:

Ich hatte mich zum Lesen auf den Balkon im ersten Stock gesetzt, als auf der Strasse unter mir ein Mann stehen blieb und mich fragte, ob ich ihm bitte das Leben retten könnte.”

Später sinnt der Protagonist noch: “Zuerst dachte ich, ich hätte ihn falsch verstanden.
»Verzeihung«, fragte ich, »kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Sie können mir behilflich sein zu leben.«

So beginnt der neue, alte Roman vom Wachtmeister Studer, unbedingt lesenswert, auch der Rest.


Fazioli Andrea, Glauser Friedrich: Wachtmeister Studers Ferien; Sein letzter Fall, auf Deutsch übersetzt von Franziska Kristen, Zürich 2022

Mappaemundi – von Weltkarten und Weltanschauungen

Julia Mia Stirnemann, Juliamia Grafik, www.juliamia.ch, 2018

Dieses bemerkenswerte Buch ist noch nicht mal auf Perlentaucher.de vorgestellt worden: Die Dissertation von Julia Mia Stirnemann ‘Über Projektionen: Weltkarten und Weltanschauungen – Von der Rekonstruktion zur Dekonstruktion, von der Konvention zur Alternative’, 2018 stellt die Karten der Welt als Projektion der menschlichen Sicht und Vor-Stellungen auf die Welt dar und bringt damit die geometrische Darstellung auf einer Fläche und den psychologischen Begriff des gedanklichen Bildes einer Vorstellung, Erwartung, Illusion eigener Gefühle und Wünsche in Zusammenhang (siehe Bedeutung Punkt [2] und [3] auf https://de.wiktionary.org/wiki/Projektion). Projektion als «Projiezierte Welten» – da scheint die Autorin ‘Die Welt als Wille und Vorstellung’ anhand von spezifischen Aspekten von Karten einprägsam zu erklären. Empfehlung: unbedingt lesenswert, eine spannendes Arbeit und Dissertation, die nicht nur das kartografische Fachpublikum begeistert und auch die Möglichkeit für eigene Experimente bietet.

Verlagsseite/Download/Bestellung: https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4611-5/ueber-projektionen-weltkarten-und-weltanschauungen/
Das Buch ist Creative Commons Attribution 4.0 lizensiert und steht als PDF frei zur Verfügung.

Weitere Links, Karten und Dekonstruktionen von Julia Stirnemann: